Einladung zum Trauma-Fachtag
Gegen die Ohnmacht: Psychosoziale Arbeit zwischen Repression und Exil
Gegen die Ohnmacht: Psychosoziale Arbeit zwischen Repression und Exil
Liebe Kolleg*innen, liebe Interessierte,
Die Türkei liegt im weltweiten Vergleich auf Platz sechs der Länder mit den meisten Gefangenen – direkt hinter Russland. Besonders hiervon betroffen ist die demokratische Zivilgesellschaft. Auch Kinder, kranke und alte Menschen werden nicht von Haft verschont. Oft drohen lange Strafen, Isolationshaft und andere Formen der Folter, was für die Betroffenen schwere gesundheitliche Folgen haben kann.
Die Türkei ist – anders als der EU-Türkei-Deal suggeriert – nicht nur Transitzone und Zielort für Migrant*innen, sondern zwingt selbst viele Menschen in die Flucht. In Deutschland lag im vergangenen Jahr die Zahl von Schutzsuchenden aus der Türkei auf Platz zwei. Davon war der überwiegende Teil kurdisch. Ursächlich dafür sind nicht nur Wirtschaftskrise und Erdbebenfolgen, sondern auch politische Verfolgung und willkürliche Verhaftungen. Jedoch sind auch in Deutschland Kurd*innen nicht sicher. Im zweiten Halbjahr 2023 lag die Schutzquote bei nur sieben Prozent.
Autoritäre Tendenzen zeigen sich auch in der EU. Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) ist ein Beispiel. Mit dem Ziel der Abschottung begräbt die EU das Menschenrecht auf Asyl, höhlt rechtsstaatliche Grundsätze aus und verleiht autoritären Kräften und Positionen weiteren Aufwind. Der Bedeutungsverlust von Menschenrechten zeigt sich auch schon jetzt in Kürzungen im psychosozialen Bereich.
Im Rahmen eines internationalen Fachtags wollen wir uns über die Auswirkungen autoritärer Regierungsweisen auf die psychosoziale Arbeit austauschen. Am Beispiel politischer Gefangener in der Türkei beleuchten wir die Bedeutung von Repression und Exil für unsere Arbeit. Dabei richten wir auch einen Blick auf den Zusammenhang mit der europäischen Außen- und Innenpolitik und wie sich diese auf die Arbeit von Gesundheitspersonal in der Türkei und Deutschland auswirken. Wie können unter diesen Bedingungen Heilungsprozesse gestaltet werden, wenn es keinen Anspruch auf die Einhaltung grundlegender Rechte mehr gibt?
Seit 26 Jahren unterhält der IPPNW Arbeitskreis Menschenrechte Türkei engen Kontakt zur demokratischen Zivilgesellschaft im Südosten der Türkei. Auf jährlichen Begegnungsreisen haben sie die beeindruckende und richtungsweisende Arbeit unserer Partnerorganisationen kennen- und schätzen gelernt. Darunter waren die Rehabilitationszentren für Folteropfer der Türkischen Menschenrechtsstiftung TIHV, welche führend bei der Ausarbeitung des UN-Istanbul-Protokolls zum Nachweis von Folterspuren beteiligt waren. Auch die Organisation CISST leistet wichtige gesellschaftliche Arbeit, um über die Situation und Diversität von Gefangenen in der Türkei aufzuklären.
Mit diesem Fachtag will ippnw zu einem interdisziplinären und internationalen Austausch unter Fachkräften auf Augenhöhe einladen und voneinander lernen. Dazu sind alle Interessierten herzlich eingeladen.
Datum: Freitag, 20. September 2024, 10:30-18 Uhr
Ort: Refugio Berlin, Lenaustraße 3-4, 12047 Berlin
Infos zur Veranstaltung und Anmeldung: https://www.ippnw.de/aktiv-werden/termine/fachtag2024/anmeldung-fachtag-gegen-die-ohnmacht-psychosoziale-arbeit-zwischen-repression-und-exil.html
Konferenzsprachen: Die Veranstaltung wird simultan auf Türkisch/Deutsch übersetzt.
Teilnahmegebühren: 30 Euro für Berufstätige einschließlich Verpflegung (außer Abendprogramm), für alle anderen Eintritt frei.
Fortbildungspunkte: Die Akkreditierung der Veranstaltung bei der Berliner Ärztekammer ist beantragt.
Mehr Informationen über unsere Arbeit zur Menschenrechtslage in der Türkei und Möglichkeiten zur Unterstützung finden Sie auch auf der Webseite https://www.ippnw.de/frieden/konflikte-kriege/tuerkei-kurdistan.html
Programm: Flyer_Fachtag_Berlin_2024